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  Wann kommt die Gesundheitskarte?
Artikel vom: 2006-09-27
 
  Die neue Versichertenkarte soll die Patientenversorgung verbessern. Wichtige Fragen sind noch offen  
  Keine Doppeluntersuchungen mehr, weil der Arzt alle Befunde einsehen kann. Weniger Wechselwirkungen, weil Mediziner und Apotheker wissen, welche Arzneien der Kranke bereits einnimmt. Und dennoch kein gläserner Patient, weil der Versicherte selbst bestimmt, wem er Zugriff auf seine Daten gewährt. Was die neue elektronische Gesundheitskarte leisten soll, wäre fortschrittlich.

Gigantisches Projekt
Nicht umsonst gilt sie als eines der größten informationstechnischen Vorhaben der Welt. Eigentlich sollten 80 Millionen krankenversicherte Deutsche seit 1. Januar die Karte besitzen. Doch die Einführung hat sich mehrmals verzögert, so dass sich nun niemand mehr auf ein Datum festlegen will. Im Hintergrund ringt die Selbstverwaltung aus Ärzten, Kliniken, Kassen und Apothekern in der eigens gegründeten Gesellschaft „gematik“ um ihren Einfluss auf das milliardenteure Projekt. Für die Versicherten geht es vor allem um den Schutz vor Missbrauch. Was, wenn Computerpiraten die Krankenakten prominenter Personen offen legen? Was, wenn Arbeitgeber Einblick begehren? Nie zuvor war der Gesundheitszustand eines Menschen so umfassend dokumentiert.

Datenschutz im Test
Viel wird davon abhängen, wie und wann Patienten ihre Daten prüfen, löschen und sperren können. Zu Hause am virenanfälligen PC? An öffentlichen Automaten? Oder in der Arztpraxis? Mehrere Speicher- und Übertragungsmodelle werden derzeit getestet. Ausgang: ungewiss.

Die neue Versichertenkarte – das wird gespeichert:

Pflicht – Die Rückseite ist die europäische Krankenversichertenkarte; sie löst den Auslandskrankenschein ab. Vorne kommt ein Bild hinzu. Gespeichert werden Versichertendaten und aktuelle Rezepte.

Freiwillig – Versicherte können Notfalldaten eingeben lassen, wie Allergien und Vorerkrankungen, sowie eine Arzneidokumentation. Später soll der Zugriff auf eine komplette Patientenakte möglich sein

Expertenmeinung: „Kritische Fragen wenig diskutiert“

Professor Christoph Fuchs ist Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer und vertritt in der „gematik“ die Ärzteinteressen.

„Der Zeitplan für die Einführung der Gesundheitskarte war von Anfang an unrealistisch. Darauf hatte die Bundesärztekammer – wie auch alle anderen Organisationen der Selbstverwaltung – immer wieder hingewiesen.

Auch bestanden im vergangen Jahr zum Teil erhebliche Bedenken im Hinblick auf die geplanten Lösungskonzepte. Sie bezogen sich sowohl auf Aspekte der Umsetzbarkeit und Reife der Entwürfe als auch auf datenschutzrechtliche Fragen. Durch die Ersatzvornahme (Mittel zur Vollstreckung behördlicher Anordnungen; Anm. d. Red.) hält nun das Bundesgesundheitsministerium das Heft in der Hand. Es wird versuchen, Entscheidungen in wichtigen Fragen zügig herbeizuführen.

Hier sehen wir die Gefahr, dass kritische datenschutzrechtliche Gesichtspunkte nicht ausreichend diskutiert werden. In der Öffentlichkeit findet darüber noch gar keine Debatte statt.

Damit die Karte gut aufgenommen wird, ist es aber entscheidend, dass die datenschutzrechtlichen Fragen sauber und organisatorisch-technisch sicher gelöst werden.

Von großer Bedeutung ist das Recht des Patienten, jederzeit zu bestimmen, wer die Daten einsehen darf und wer nicht. Zugleich muss für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen ein verantwortlicher Umgang mit ihnen anvertrauten Daten gewährleistet sein. Die Vertraulichkeit als Fundament der Beziehung zwischen Patient und Arzt darf nicht gefährdet werden.

Aufgrund dieser Anforderungen stellen sich viele organisatorische und grundsätzliche Fragen erst im Lauf des Projekts.“

Expertenmeinung: „Höchstes Niveau beim Datenschutz“

Dr. Klaus Schröder ist Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit

„Die elektronische Gesundheitskarte ist ein Vorhaben mit herausragender Bedeutung. Wir haben deshalb alle grundlegenden Arbeiten besonders sorgfältig durchgeführt.

Von der Karte werden viele Menschen und Institutionen profitieren: 80 Millionen Versicherte sowie 21 000 Apotheken, knapp 125 000 niedergelassene Ärzte, 65 000 Zahnärzte, etwa 2200 Krankenhäuser und 260 Krankenkassen. Bisher werden dort sehr unterschiedliche Systeme zur elektronischen Datenverarbeitung genutzt. Niemand kann heute durchgängig nachvollziehen, welche Untersuchungen, welche Behandlungen ein Patient schon hatte und welche Medikamente er einnimmt.

Es war überfällig, eine gemeinsame technische Basis zu schaffen, auf der zukünftig alle Beteiligten sicher kommunizieren können – ohne dabei die bereits getätigten Investitionen völlig zu entwerten.

Bei den Planungs- und Arbeitsschritten erlebten wir immer wieder Auseinandersetzungen mit verschiedenen Interessengruppen über Fristsetzungen und Zeitpläne. Ungeachtet dieser Diskussionen gingen die Arbeiten weiter. Der Gesetzgeber hat für die „gematik“ die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Selbstverwaltung geschaffen und später noch einmal mit einer Ersatzvornahme bei schwierigen Entscheidungen Hilfestellung gegeben.

Inzwischen sind wir auf einem guten Weg. Der Datenschutz und die Sicherheit der technischen Systeme sind auf höchstem Niveau gewährleistet. Der Patient ist Herr seiner Daten. Mit der Karte wird niemand überwacht. Sie verbessert die Versorgung.“

Apotheken Umschau
 
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